top of page
Foto Rechtsprechung - bearbeitet.jpg

Rechtsprechung

Zentrale Urteile mit Relevanz für Ihre Praxis - kurz und verständlich.

Anspruch der anstellenden Praxis auf Einsicht in die Ausbildungsakte einer vormaligen Auszubildenden gegenüber der Kammer

  • Entscheidung: VG Bremen Urteil vom 17.04.2024 – 4 K 1065/23

Eine Zahnärztin bildet regelmäßig zahnmedizinische Fachangestellte aus. Nachdem sie dem Wunsch der Auszubildenden nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses nicht nachgekommen ist, hat sich die Auszubildende an die Kammer gewandt. Die Auszubildende habe gegenüber der Kammer angegeben, sich in der Praxis nicht mehr gut aufgehoben gefühlt zu haben. Die Zahnärztin begehrte Akteneinsicht, um die Durchsetzung möglicher zivil- oder strafrechtlicher Ansprüche zu prüfen. Sie habe zudem ein Interesse daran, zu erfahren, was die Auszubildende über sie geäußert habe. Das Verwaltungsgericht hat entscheiden, dass die Zahnärztin berechtigt ist zu erfahren, welche Informationen die Kammer über sie im Hinblick auf die Beendigung des Ausbildungsverhältnisses vorhält. Soweit schutzwürdige Belange der Auszubildenden betroffen sein sollten, muss die Kammer durch Schwärzungen oder gar die Herausnahme von Aktenteilen dem Rechnung tragen.


  • Wichtig für die Praxis:

Der Anspruch auf Akteneinsicht findet demnach seine Grenze, wo schutzwürdige Belange der Auszubildenden betroffen sein sollen. Was genau darunter fällt, lässt das Gericht offen. Sollten Aktenteile entfernt worden sein, so müsste die Herausnahme sicherlich in der Akte dokumentiert werden.

Nachweis über die Erfüllung der Fortbildungspflicht

  • Entscheidung: BSG Urteil vom 11.02.2015 – B 6 KA 19/14 R

Die Nachweispflicht für die Teilnahme an Fortbildungen ist für die Zahnärztin am 31.07.2009 abgelaufen. Sie hat den Nachweisbogen mit den erforderlichen 125 Punkten am 10.08.2009 eingereicht, woraufhin eine Honorarkürzung erfolgte. Das BSG hat die Kürzung aufgehoben, da nach dem Wortlaut die Kürzung zwar mit Beginn des folgenden Quartals erfolgt aber die Kürzung mit Ablauf des Quartals endet, in dem der Nachweis erbracht wurde. In diesem Fall hätte somit die Kürzung eingestellt werden müssen, noch bevor sie begonnen hat. Das BSG hat entschieden, dass der Nachweis über die Erfüllung der Fortbildungspflicht bis zum Ende des Quartals eingereicht werden kann.


  • Wichtig für die Praxis:

Wenn die Nachweispflicht somit innerhalb eines Quartals endet, kann der Nachweis bis zum letzten Tag des Quartals geführt werden, ohne dass es zu einer Honorarkürzung kommen darf. Endet die Nachweispflicht jedoch am letzten Tag des Quartals, muss unbedingt bis zu diesem Tag der Nachweis bei der KZV vorliegen.

Zahnärzte mit einer Teilzulassung dürfen nicht im gleichen Umfang zur Notfallbereitschaft herangezogen werden, wie diejenigen mit einer Vollzulassung

  • Entscheidung: BSG Urteil vom 25.10.2023 – B 6 KA 20/22 R

Ein rein privatärztlich niedergelassener Arzt ist zur Notfallbereitschaft eingeteilt worden. Seinen Einwand, dass er lediglich 14 Stunden in der Woche als Arzt tätig sei, ist nicht berücksichtigt worden. Das BSG hat geurteilt, dass aus Art. 3 Abs 1 GG die Verpflichtung der Beklagten folgt, alle Ärzte gleichmäßig zum Bereitschaftsdienst heranzuziehen (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl zuletzt BSG Urteil vom 12.12.2018 - B 6 KA 50/17 R). Dieser Verpflichtung widerspräche es, wenn Praxen mit halbem Versorgungsauftrag und Praxen mit vollem Versorgungsauftrag in gleicher Weise zum ärztlichen Bereitschaftsdienst herangezogen würden. Ebenso darf durch die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst keine überproportionale Beanspruchung des Arztes erfolgen (vgl BSG Urteil vom 12.12.2018 - B 6 KA 50/17 R). Dementsprechend durfte beispielsweise die gleichzeitige Teilnahme eines Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen am vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Bereitschaftsdienst diesen nicht so belasten, als wäre er in vollem Umfang ärztlich und zahnärztlich tätig (BSG Urteil vom 23.3.2016 - B 6 KA 7/15 R).


  • Wichtig für die Praxis:

Dieses Urteil gilt gleichermaßen für Zahnärzte. Der Umfang der Tätigkeit muss somit bei der Häufigkeit der Einteilung zur Notfallbereitschaft berücksichtigt werden. Gleiches gilt für MKG-Chirurgen, die über eine Zulassung bei der KV und der KZV verfügen. Die Einteilung zur ärztlichen und zahnärztlichen Notfallbereitschaft darf in der Addition nicht über die Notdienste ihrer Kollegen hinaus gehen.

Verpflichtung für zugelassene Zahnärzte an der Notfallbereitschaft teilzunehmen

Entscheidung:  BSG Urteil vom 12.12.2018 – B 6 KA 50/17 R

Das BSG hat mit diesem Urteil seine ständige Rechtsprechung bestärkt, wonach sich die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst aus dem Zulassungsstatus ergibt. Mit der Zulassung als Vertragsarzt hat sich der Arzt freiwillig einer Reihe von Einschränkungen seiner ärztlichen Berufsausübung unterworfen, die mit der Einbeziehung in ein öffentlich-rechtliches Versorgungssystem notwendig verbunden sind. Zu diesen Einschränkungen gehört auch die Pflicht zur Teilnahme an der Notfallbereitschaft. Der Zulassungsstatus verpflichtet den Vertragsarzt, nicht nur in zu Sprechstunden, sondern zeitlich umfassend für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen. Der einzelne Arzt wird dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notdienst organisiert, von der täglichen Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet, muss dafür aber den Notdienst gleichwertig mittragen, solange er in vollem Umfang vertragsärztlich tätig ist.


  • Wichtig für die Praxis:

Jeder zugelassene Zahnarzt ist somit verpflichtet, entsprechend dem Umfang seines Versorgungsauftrags, an der Notfallbereitschaft teilzunehmen. Eine Befreiung kann beantragt werden, sie erfolgt jedoch restriktiv. Angestellte Zahnärzte können hingegen nicht unmittelbar zur Notfallbereitschaft eingeteilt werden (BSG Urteil vom 11.12.2013 – B 6 KA 39/12 R).

Verkauf des Patientenstamms

  • Entscheidung: BGH Urteil vom 9.11.2021 – VIII ZR 362/19

Eine Zahnärztin hat ihren Patientenstamm an einen Kollegen verkauft und sich verpflichtet, ihre Patienten durch ein Rundschreiben zu informieren und die Weiterbehandlung bei dem Kollegen zu empfehlen. Der Senat urteilte, dass der Verkauf eines Patientenstamms nicht möglich ist. Es liegt ein Verstoß gegen § 8 Abs. 5 der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte vor. Diese Norm untersagt für die Zuweisung von Patienten oder Untersuchungsmaterial ein Entgelt oder eine sonstige wirtschaftliche Vergünstigung zu fordern, sich versprechen oder gewähren zu lassen oder selbst zu versprechen oder zu gewähren. Unter Zuweisung ist jede Einwirkung auf Patienten mit der Absicht zu verstehen, deren Wahl unter Ärztinnen und Ärzten oder anderen Leistungserbringern zu beeinflussen. Das Empfehlungsanschreiben stellt eine solche unzulässige Zuweisung dar. Dies hat zur Folge, dass der Vertrag nichtig ist.


  • Wichtig für die Praxis:

§ 8 Abs. 5 der Berufsordnung für die Bayerischen Zahnärzte findet sich Wortgleich in § 75 Abs. 7 SGB V wieder. Dies hat zur Folge, dass jeder Vertrag, mit dem „nur“ der Patientenstamm verkauft wird, nichtig ist. Es kommt somit nicht darauf an, ob eine berufsrechtliche Regelung besteht.

Pauschale Honorarkürzung, wenn die sog. Sammelerklärung falsch ist

  • Entscheidung: BSG Urteil vom 13.12.2023 – B 6 KA 15/22 R

Die Abrechnungs-Sammelerklärung eines MVZ ist vom Geschäftsführer der Trägergesellschaft unterschrieben worden. Der HVM der zuständigen KV sieht eine Regelung vor, wonach die Sammelerklärung eines MVZ nur vom medizinischen Leiter unterschrieben werden darf. Das BSG bestätigte die Honorarrückforderung und stellte klar, dass auch ohne eine HVM-Regelung das Fehlen einer Unterschrift oder die Unterschrift einer unzuständigen Person unter der Abrechnungs-Sammelerklärung zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honorarabrechnung führt. Die Abrechnungs-Sammelerklärung ist nicht nur eine Formalität, sondern eine eigenständige Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs auf Vergütung der von der Praxis erbrachten Leistungen (Rn. 19). Das System der Abrechnung beruht in weitem Maße auf Vertrauen, deshalb kommt der Abrechnungs-Sammelerklärung eine entscheidende Funktion zu (Rn. 29). Eine unrichtige Sammelerklärung berechtigt zur Rückforderung des gesamten Honorars.


  • Wichtig für die Praxis:

Als Fazit sollte jedes MVZ mehr als eine medizinische Leitung benennen. Sollte dennoch einmal die medizinische Leitung krankheits- oder urlaubsbedingt die Sammelerklärung nicht abgeben können, so empfiehlt es sich, die Abrechnung später einzureichen. Ggf. kann ein anderer Zahnarzt im MVZ, mit seinem Einverständnis, vorrübergehend zum medizinischen Leiter ernannt werden. Diese Problematik dürfte indes nur noch in den Fällen von Relevanz sein, in denen die Abrechnungs-Sammelerklärung nicht elektronisch abgegeben wird.

Vorherige Genehmigung von Assistentinnen und Assistenten

  • Entscheidung: BSG Urteil vom 28.3.2007 – B 6 KA 30/06 R

In diesem Verfahren hat ein Zahnarzt die Genehmigung seines Vorbereitungsassistenten für zurückliegende Zeiträume begehrt. Er hatte versäumt, rechtzeitig eine Genehmigung für seinen Assistenten bei der KZV zu beantragen. Seine Klage hatte keinen Erfolg, das BSG hat entschieden, dass die in § 32 Abs 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV vorgesehene Genehmigung zur Beschäftigung eines Vorbereitungsassistenten nicht mit Wirkung für die Vergangenheit erteilt werden kann.


  • Wichtig für die Praxis:

Wenn Sie einen Assistenten beschäftigen wollen, müssen Sie vor dem Tätigkeitsbeginn einen Antrag bei der KZV auf Genehmigung stellen. Dies gilt gleichermaßen für die Beschäftigung von angestellten Zahnärzten, wobei hier die Genehmigung vom Zulassungsausschuss eingeholt werden muss. Eine Tätigkeit ohne eine entsprechende Genehmigung kann unter Umständen zu Honorarrückforderungen führen.

Schriftformerfordernis für die andersartige Versorgung

  • Entscheidung: BGH Urteil vom 2.5.2024 – III ZR 197/23

Gegenstand der Entscheidung ist ein von der Krankenkasse genehmigter Heil- und Kostenplan über eine andersartige Versorgung. Die Patientin hatte den Heil- und Kostenplan nicht unterschrieben und nach Eingliederung der Versorgung die Zahlung des Eigenanteils verweigert. Der BGH hat entschieden, dass die Patientin den Eigenanteil zahlen muss, da der BMV-Z keine Schriftform vorsieht.


  • Wichtig für die Praxis:

Dies scheint eine gute Entscheidung zu sein, da durch die Digitalisierung und das elektronische Antrags- und Genehmigungsverfahren (fast) kein Papier mehr anfällt und daher kein Platz für Unterschriften ist. Aber Vorsicht: der BGH hat übersehen, dass die Anlagen des BMV-Z gerade bei einer andersartigen Versorgung nach wie vor die Unterschriften vom Patienten und Zahnarzt fordert. An die Anlagen ist der Zahnarzt rechtlich gebunden. Sie sollten daher aus eigenem Interesse, den HKP ausdrucken und vom Patienten unterschreiben lassen. Eine Unterschrift auf einem Tablet reicht rechtlich nicht.

bottom of page